Trialog der Kulturen
Im Namen des Trialogs – Workshop 26. bis 28. Juni 2024
In Kooperation mit der Jugendbildungsstätte Haus Kreisau und dem Interkulturellen Zentrum wurde ein dreitägiger Workshop (Pilotprojekt) durchgeführt. Ziel der Veranstaltung war es, die interkulturelle Kompetenz der Schüler/-innen des IBA-Bildungsganges zu erhöhen mit besonderem Blick auf religiös begründete Speisetraditionen bzw. Speisegesetze der drei monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum und Islam).
Am OSZ Ernährung und Lebensmitteltechnik ist Essen das zentrale Thema in Bezug auf Lebensmittelverarbeitung und Speisenherstellung. Die Speisepläne der schulischen Versorgungsstellen Cafeteria und Mensa versuchen viele Aspekte der religiös geprägten Esskulturen zu berücksichtigen. Im Workshop wurden religiöse Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit allen Sinnen erfahrbar gemacht mit dem Ziel, für mehr religiöse Akzeptanz zu sorgen und den Respekt gegen über andere Religionen zu fördern.
Tag 1: Genezareth-Kirche
Tief beeindruckend ist die Atmosphäre, die die umgestaltete Kirche bietet. Sie wurde zu einem Ort des Austausches konzipiert und soll zum Verweilen und zum Dialog einladen. Dies hat bei uns auf jeden Fall gewirkt. Nach einem kurzen Kennenlernspiel ging es auch direkt ins Thema und wir diskutierten über Religion und deren Besonderheiten bezüglich der Speisevorschriften.
Inspiriert durch die räumlichen Gegebenheiten lud der runde Teppich uns ein, die Speisegesetze in Form eines aufgeteilten Tellers darzustellen und den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu geben ihr Wissen anzuwenden. Explizit ausgewählte Beispiele wie z. B. Panna Cotta, Kartoffelsalat und Gummibärchen sollten den jeweiligen Religionen zugeordnet werden. Natürlich gab es auch Beispiele, in der alle drei Religionen zu einem gemeinsamen Mahl zusammen an den Tisch kommen könnten.
Das Visualisieren des Themas in dieser Kirche führte dazu, dass der runde Teppich so gestaltet wurde, dass das „Peace-Zeichen“ entstand und gleichzeitig noch zu mathematischen Gesprächen einlud.
Das gemeinsame Frühstück, das die entsprechenden Aspekte einer interkulturellen Mahlzeit erfüllte, zeigte wie einfach sich Fachtheorie und Fachpraxis im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft miteinander verbinden lassen.
Tag 2: Şehitlik-Moschee
In diesem Gebetshaus kam es zu tief theologischen Diskussionen auf sehr achtsame und respektvolle Art und Weise. Durch den interreligiösen Dialog wurden genug Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen festgestellt, so dass das Bewusstsein geschaffen wurde, dass das Basiswissen zu den drei „Buchreligionen“ sehr wesentlich ist.
Gleichzeitig fand auch eine Sensibilisierung statt, auf religiösen Grenzen der Mitmenschen zu achten und diese zu respektieren.
Ein Vergleich zu den alternativen Ernährungsformen „Vegetarismus“ und „Veganismus“ blieb hier nicht aus, denn obwohl hier jeder individuell entscheidet, welche Grenzen er für sich selbst zieht, gibt es Parallelen zu den religiösen Speisevorschriften. Insgesamt regte der Tag zu mehr Kommunikation miteinander an, interessant wurden die Gespräche aufgrund der Tatsache, dass die Zusammensetzung der Gruppe auch multikulturell geprägt war.
Die Strömungen in den einzelnen Religionen wurden erörtert, mit der Feststellung, dass die Religionszugehörigkeit einer Person allein nicht so aussagekräftig ist. Zum Abschluss des Veranstaltungstages betraten wir den Gebetsraum der Moschee, welcher durch seine Farbenpracht sehr einladend auf uns wirkte. Hier nahm sich Halid, der uns durch die Moschee führte, Zeit, uns die Besonderheiten der Moschee zu erklären und zum Islam die Feinheiten des religiösen Lebens zu erklären. Er konnte auch hier den Bogen zur Ernährung spannen. Er brachte uns näher, dass jeder Bissen, den wir zu uns nehmen einen Wert hat.
Tag 3: Jüdisches Museum
Das Thema „Koscher backen“ wurde im Jüdischen Museum umgesetzt. Hier bekamen wir einen Einblick in jüdische Traditionen und die Bedeutung des „Sabbat“. Auch hier lag der Fokus stark auf der Wertschätzung des Essens und des gegenseitigen Miteinanders. Gemeinsam Zeit verbringen und eine gute Zeit haben – Werte die teilweise verloren gegangen sind und wieder initiiert werden sollten. Unser Workshop-Bäcker des Jüdischen Museums zeigte uns hier Schritt für Schritt jeden einzelnen Aspekt und schaffte bei uns passend zum Freitag die richtige Stimmung.
Anschließend verwandelte sich der „Bäcker“ zum „Guide“ – eine spannende Führung durch das Jüdische Museum informierte zum Jüdischen Leben. Das Jüdische Museum führte aufgrund seiner Bauweise zur Erkenntnis, dass man Emotionen durch architektonische Besonderheiten hervorrufen kann, z. B. mit leeren Räumen negative Gefühle auslösen kann. Das Gebäude und die Ausstellungen zu verschiedenen Schwerpunkten des jüdischen Lebens führten zu Denkanstößen, unter anderem auch wieder auf das Essen bezogen, denn im Nationalsozialismus gab es auch Verbote bezüglich der Ernährung für die jüdische Bevölkerung, die deren Leben stark eingeschränkt haben, z. B. das Verbot der Schlachtungsform „Schächten“ und der Vorschriften, dass Juden nur in für sie ausgewählten Lebensmittelläden einkaufen gehen durften.
Fazit:
Der dreitägige Workshop – Unterricht an anderen Orten – war voller Denkanstöße pur. Die eigene Ernährung, aber auch noch so viele Informationen drum herum, sollte zu mehr Wertschätzung führen, was man im Leben – im Hier und Jetzt – hat, nicht nur auf religiöser Ebene.
Wir möchten uns herzlichst bei Ulrike und Niandur bedanken, die diesen Workshop geplant und geleitet haben, vor allem für diese einzigartige Mischung und Komplexität. Danke an die Schülergruppe, sie hat sich sehr interessiert gezeigt und sich Neuem geöffnet. Wir würden dieses Projekt sehr gern zukünftig im Schuljahr etablieren und hoffen auf weitere zukünftige inspirierende Tage.
Yvonne Siedler und Judith Vogel-Wentzeck
Bildnachweis
© 2024 Y. Siedler und J. Vogel-Wentzeck, Emil-Fischer-Schule